Was ist ein Ungar - Selbstverortung im Wandel der Zeiten
Was ist ein Ungar - Selbstverortung im Wandel der Zeiten
Selbst in einer Zeit der Globalisierung ist das, was man im Westen über die Ungarn weiß, einseitig geprägt und bruchstückhaft. In der jüngeren Vergangenheit waren es vornehmlich Operetten und Spielfilme oder die Werbung für touristische Attraktionen und kulinarische Spezialitäten, die zu teils kitschig idealisierten Vorstellungen von einem Land des Paprika und der Puszta, von temperamentvollen, fröhlichen, den csárdás tanzenden Menschen führten. Ein ebenso einseitiges, stark politisiertes Image Ungarns hat sich gegenwärtig durch Ereignisse wie die Eskalation in der Auseinandersetzung verfeindeter politischer Lager im Herbst 2006, die Gründung der rechtsextremen „Ungarischen Garde“ 2007, die Kehrtwende im politischen Mainstream seit den Parlamentswahlen im April 2010 und die Abschottung gegenüber Flüchtlingen seit 2015 verbreitet.
Die historische und kulturelle Entwicklung des Landes, seine geistesgeschichtlichen und kulturellen Besonderheiten, Denken und Empfinden seiner Bewohner sind jedoch weitgehend unbekannt geblieben. Das vorliegende Buch wendet sich vor allem an deutschsprachige Leser – in einer Zeit, in der die Berichterstattung über Ungarn emotionell stark aufgeladen ist. Sein Anliegen ist es, Verständnis und Interesse für die Ungarn zu wecken und ein differenziertes Bild über sie zu vermitteln, in dem auch und vor allem ihre Selbstzeugnisse Berücksichtigung finden.